Es war am Morgen unserer Abreise wie immer in diesem Jahr: Norddeutsches Schmuddelwetter, will heißen, es regnete! Wir ließen uns dadurch unsere Freude auf die Reise aber nicht nehmen. Nachdem uns unser neuer Busfahrer Herr Lange (er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein langer) und unsere Reise- Christel uns begrüßt hatten, ging es also gen Osten. Die Fahrt durch Meckpom, über Berlin und Stettin bis zur ersten Übernachtung in Schneidemühl (Pila) verlief reibungslos. Bis zum Abendessen hatten wir sogar noch Zeit, auf der Terrasse des Hotels bei plötzlich schönem Wetter, noch einen Aperitif einzunehmen.

——es war der Beginn von neun schönen Tagen——–
Nach dem gemeinsamen Frühstück am nächsten Morgen (Monika hatte Geburtstag) ging es weiter über Thorn (Torun). Dort ist unsere Reiseführerin Izabel zu uns gestoßen. Sie hat uns während unserer Reise durch Masuren begleitet. Sie war ein richtiger Glücksgriff für uns. Ihre Aussprache war in einem sehr guten deutsch, klar und für alle verständlich. (Die deutsche Sprache hatte sie als Au Pair Mädchen in der Nähe von Stuttgart in ihrer Jugendzeit erlernt).
Mit ihr machten wir eine kleine Stadtrundfahrt in Thorn und stiegen in der von gotischen Gebäuden geprägten Altstadt aus. Wir erfuhren, dass Thorn die Geburtsstadt von Nikolaus Kopernikus ist und der Ort auch seit dem Mittelalter schon als „Pfefferkuchenstadt (Miastro Piernikow)“ bekannt ist.

Selbst der berühmte Komponist Frederik Chopin, der als junger Mensch dort lebte, hat den Pfefferkuchen schon gern gegessen. Interessant und lustig berichtete Izabel über Land und Leute. Zum Beispiel waren wir doch sehr erstaunt darüber, dass in dem katholischen Polen in der Region Masuren die Bevölkerung evangelischen Glaubens ist.
Im Ermland dagegen wieder alle Menschen der katholischen Glaubensrichtung angehören. Alle Polen sind sehr stolz auf ihren polnischen Papst Karel Wojtyla (Johannes Paul der II). Das war immer wieder zu spüren.

Während unserer Fahrt zu unserem Aufenthaltsort Sensburg (Szestno) kamen wir auch durch Osterode (Ostroda) und Allenstein (Olsztyn). Alle Orte waren blitzsauber und gepflegt! Wir erfuhren, dass in Polen sich alle Sozialhilfeempfänger zur Sauberhaltung der Städte betätigen müssen, weil sonst die staatlichen Hilfen gestrichen werden! Das ist doch sehr lobenswert!
Unser Hotel war sehr weitläufig angelegt, sodass wir immer gut zu Fuß sein mussten, um ins Restaurant zu gelangen. Alles aber zu ebener Erde und mit einem großen SPA Bereich, was die meisten Damen auch genutzt haben.
Izabel war um neun Uhr am 3. Tag bei uns im Hotel und so kamen wir zeitig los, um den vor uns liegenden Tag zu nutzen. Die schöne Landschaft mit ihrer Seenplatte und den Wäldern begeisterten uns. Vorbei ging es an Rastenburg (Ketrzyn) mit der Wolfsschanze, Hitlers Hauptquartier. Ein besonderes Highlight sollten wir an diesem Vormittag in Heiligelinde (Swieta Lipka) mit seiner berühmten Wallfahrtskirche haben.

Der Ort liegt zwischen Rastenburg und Rössel (Reszel). Eine wunderschöne im Barockstil erbaute Kirche mit einer imposanten Orgel. Wir wurden in der polnischen und deutschen Sprache von einem Pfarrer begrüßt und konnten ein zauberhaftes Orgelkonzert erleben. An der Orgel bewegten sich während des Spiels in Abständen Maria, Engel und Trompeter. Sehr beeindruckend! Ein großes Bildnis der Maria mit dem Jesuskind, auf die die Geschichte der Wallfahrtskirche begründet ist, war ebenfalls zu bestaunen.

Mittags konnten wir noch im Ort eine wärmende Suppe zu uns nehmen. Izabel wusste immer ein gutes Lokal, wo man mit so einer großen Gruppe zu Mittag einkehren konnte und gut bedient wurde. Danach führte unser Weg nach Zondern, wo uns Frau Christel Dickti auf ihrem schönen Anwesen (Scheune mit Museum, Pension und Café) begrüßte. Dort wurden wir mit frisch gebackenem Hefekuchen und Kaffee lecker bewirtet. Das dauerte eine ganze Weile, da auch noch eine zweite Reisegesellschaft eingetroffen war. Im Anschluss daran wurden wir von ihr in ihrem großen Gartenhaus in ostpreußischem Dialekt humorvoll unterhalten.

Der nächste Tag war busfrei und so hatten wir die Möglichkeit die Stadt Sensburg fußläufig zu erkunden. Herr Lange begleitete uns an der Seepromenade des Schoss-(Scos)-Sees entlang bis in die Innenstadt. Wir sahen zum Teil sehr schön restaurierte Häuser aber auch noch viele marode Gebäude. Hier hatten wir die Gelegenheit einen sogenannten Bauernmarkt zu besuchen. Gesehen haben wir aber leider nur ganz wenige Bauern mit ihren Produkten wie Honig, Gemüse, Pilze und Früchte. Ein Stand mit Blumengestecken (alle künstlich) für die Friedhöfe konnten wir entdecken. Körbe und sehr viele Stände mit günstiger Bekleidung waren vorhanden. Wir nahmen uns etwas an Kuchen aus der Stadt mit, den wir dann nach einer geruhsamen Mittagspause auf einer unserer Terrassen mit selbstgekochtem Kaffee gemütlich bei einem Klönschnack verzehrt haben.
Am nächsten Morgen begrüßte uns wieder Izabel vor dem Hotel und erzählte uns dann während der Fahrt, was es mit der Bärentatze im Wappen von Sensburg auf sich hat. Es ist eine Legende, die besagt, dass vor langer Zeit ein großer Bär in der Gegend sein Unwesen getrieben hatte. Er hatte einem Bauern auf dem Feld Tiere gerissen. Der Bauer erzählte daraufhin dem Jäger davon und der ersann eine List: er mischte Honig und Schnaps und stellte es verlockend für den Bären hin, damit dieser das Gebräu trinken sollte. Der ließ sich nicht lange bitten und genoss es in vollen Zügen, um nach dem Genuss sogleich einzuschlafen. Der Jäger nutzte die Situation und schnitt dem Bären mit einer Sense die linke hintere Tatze ab. Seitdem heißt der Schnaps „Bärenfang“.
Es war eine nette Geschichte während der Fahrt nach Nikolaiken (Mikolaiki). – Wir bekamen an diesem Morgen zwar keinen Bärenfang während der Fahrt serviert aber einen Sekt, den Bianca ausgegeben hatte, denn sie hatte Geburtstag. – So kamen wir schon etwas belustigt in der wunderschönen Kleinstadt an. Sie liegt am Spirdingsee. Im Hafen wartete schon ein Schiff auf uns, mit dem wir dann eine kleine Kreuzfahrt auf dem 13 km breiten und 8 km langen Gewässer unternommen haben. Die Sonne verwöhnte uns an Deck.

Wir erfuhren von Izabel eine zweite Legende, die besagt: „Unter der alten Fußgängerbrücke befand sich ein großer Fisch im Wasser, den die Fischer gefangen hatten und ihn daraufhin auch ausgestellt haben (einen großen Stint mit Krönchen auf dem Kopf). Der Stintkönig sagte zu den Fischern, wenn sie ihn schlachten würden, hätten sie auf absehbare Zeit keine Fische mehr im See und müssten hungern. Wenn sie ihn aber wieder in den See lassen würden, hätten sie immer genügend Fische in ihren Netzen, um die Bevölkerung ernähren zu können. Das taten die Fischer auch und so feiern die Nikolaiker seither in jedem Sommer ein Fischerfest, an dem der Bürgermeister als Fischer verkleidet den nachgeahmten Fisch wieder im Wasser versenken muss.“
In Nikolaiken hatten wir über Mittag eine kleine Freizeit um etwas zu essen und sind nachmittags dann durch die Johannisburger Heide bis zu dem Ort Kristyn gefahren. Dort hatten wir die Möglichkeit mit Stocherkähnen auf dem Fluss Krisztyna (er ist 99 km lang), die von „Gondolieren“ gesteuert wurden, zu fahren. Es ist ein sehr klarer naturbelassener Fluss, in dem sich kleine Fische tummeln. Auch der Biber ist dort tätig. Die Tiefe des Flusses beträgt stellenweise 40 cm aber es kann auch bis zu 1 m sein. Nachdem wir wieder angelandet waren, konnten wir bei einer extra für uns angeforderten Einwohnerin des Ortes noch getrocknete Pilze, um sie mit nach Hause zu nehmen. Geruhsam fuhren wir zum Hotel zurück.

Am nächsten Morgen schien die Sonne zunächst noch während unserer Fahrt über Ortelsburg (Szcytno), der südlichst gelegenen Stadt von Masuren, bis nach Hohenstein (Obstynek). Es ist ein Freilichtmuseum. Hier sind alte Bauernhäuser, alles Holzbauten, von ihrem alten Standort in Ostpreussen und dem Weichselgebiet abgebaut und im Museum originalgetreu wiederaufgebaut worden. Vor jedem dieser Häuser befindet sich ein kleiner Garten und so konnten wir sehen, wie die Menschen dieser Zeit als Selbstversorger gelebt haben.
In jedes Haus konnten wir hineingehen. In dem kleinen Restaurant dort haben wir zu Mittag essen können und sind dann in aller Gemütlichkeit wieder zurück zum Hotel gefahren, damit jeder nach Lust und Laune den Tag ausklingen lassen konnte.
Izabel holte uns am nächsten Morgen wie verabredet um 9.00 Uhr ab, um mit uns eine Rundfahrt durch das Ermland zu unternehmen. Sie erzählte viel über Land und Leute, über die Politik in Polen und über die Landwirtschaft.- Die größten Höfe oder auch LPG´s sind 100 – 1000 ha groß. Es wird hauptsächlich Weizen, Gerste, Roggen, Raps und Futtermais angebaut. Auch in Polen hatte der Wettergott es den Landwirten durch das schlechte Wetter nicht gerade leicht gemacht. Wir sahen Felder mit Getreide, die noch nicht abgeerntet waren. Es gibt ganz wenig Solarstrom. Nur für den Eigenbedarf, weil es vom Staat nicht gefördert wird.

In Roessel (Reszel) angekommen, konnten wir die wunderschöne Ordensburg, die zum Hotel umgebaut wurde, bewundern. Hier hat ein mutiger Hotelier viel Geld investiert und das geschichtsträchtige Gebäude im originalen Stil, kombiniert mit modernen Elementen, wieder saniert.- Bewundernswert!!! Dort konnten wir im Hotelrestaurant unser Mittagessen einnehmen und danach den Ort erkunden. Es ist eine nette Kleinstadt mit gut restaurierten Bürgerhäusern. Auch hatten wir die Idee, noch einmal am Bus Kaffee zu trinken, den Herr Lange für uns kochen würde.
Damit der nicht „zu trocken“ sein würde, haben einige Damen noch in Roessel leckeren Hefekuchen gekauft. Den nahmen wir mit auf dem Weg über Heilsberg (Lidzbark Warminski) nach Liesken. Izabell hatte dies möglich gemacht, nachdem wir ihr erzählt hatten, dass bei uns im Dorf Grabau nahe bei Bad Oldesloe, ein Treck mit Flüchtlingen gegen Ende des 2. Weltkrieges ankamen und dort auch sesshaft wurden. Das große Gut in Liesken und auch in Grabau waren zu der Zeit staatliche Remonte- Güter. Dort wurden junge Pferde für den Krieg ausgebildet. Hier konnten wir den Bus parken und haben dann, nachdem wir uns den Gutshof angesehen haben, am Bus unsere Kaffeepause abgehalten. Während wir unsere Pause dort genossen haben, kam eine Frau mit ihrem Fahrrad geschoben, an dem große Taschen prallgefüllt mit frisch gesammelten Pilzen hingen. Sie konnte etwas Deutsch, und so haben wir uns mit ihr unterhalten können. Besonders unsere älteste Landfrau Helga (86 Jahre jung) fand die Unterhaltung mit der Einwohnerin von Liesken ganz spannend. Wie sie uns verständlich machte, arbeitet sie zeitweilig in Deutschland als Pflegerin. Ihr Mann arbeitet auf dem Gut, wo immer noch Pferdezucht betrieben wird. Natürlich haben wir auch Fotos machen können, die wir dann auf einem Bildernachmittag den gebürtigen Lieskern bei uns zu Hause zeigen möchten. Voll von interessanten Eindrücken sind wir dann wieder ins Hotel zurückgekehrt.
Nun hieß es leider Abschied nehmen von Izabel, was uns und auch ihr schwergefallen ist. Bei ihr und auch bei einigen von uns standen Tränen in den Augen, weil wir mit Ihr eine sehr schöne und interessante Zeit verleben durften. Die Tage waren auch durch persönliche Geschichten, die sie uns erzählte, unterhaltsam ausgefüllt. – Wir hofften alle, dass wir uns eventuell einmal wiedersehen. –
Am nächsten Morgen brach dann die Rückreise für uns an. Sie führte uns über Stettin, wo wir eine Zwischenübernachtung hatten, bevor es wieder nach Schleswig- Holstein zurückging.
In Stettin (Szczecin) angekommen, trafen wir unsere dortige Gästeführerin. Sie zeigte uns fußläufig in einem leider sehr kurzen Zeitrahmen am frühen Sonntagmorgen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten rund um den Schlossberg mit dem Schloss der ehemaligen pommerschen Herzöge. Den sehr schönen Park Jasne Blonia und die Hakenterrassen am Ufer der Oder. Hier konnten wir zum krönenden Abschluss noch ein Gruppenfoto mit allen Reiseteilnehmerinnen machen. Wir meinten, Stettin wäre noch einmal eine Reise extra wert. Bevor wir aber in unserem Hotel zur Zwischenübernachtung eingecheckt haben, konnten wir noch einen sogenannten Polenmarkt kurz vor der Grenze besuchen, auf dem noch einige Mitbringsel für zu Hause erstanden wurden.

Nach einer geruhsamen Nacht konnten wir unsere endgültige Heimreise antreten. Heil und voll von vielen neuen Eindrücken, die es erst einmal zu verarbeiten galt, kamen wir nach einer reibungslosen Rückfahrt in Bad Oldesloe an. Unser aller Dank galt unserer Reise- Christel und natürlich Herrn Lange, unserem Busfahrer!